Gastbeitrag von Eib Eibelshäuser

Eib Eibelshäuser hat sich dem Thema Licht verschrieben, dem zentralen »Arbeitsmaterial« der Fotografie. Ob als selbstständiger Fotograf, als Gestalter von Lichtkonzepten für Kunden wie Sony und Puma oder als Forscher zum Thema Lichtästhetik: Im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stand und steht immer das Licht. Seit 2001 unterrichtet der Diplom-Designer und Autor zahlreicher Fotolehrbücher angehende Fotografen an der Hochschule Düsseldorf (HSD). 2023 wird er erstmals als Referent das Kursprogramm der Photo+Adventure bereichern. Hier geht es zu seinem Workshop "Lightbouncing".

Der folgende Beitrag zum Thema "Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge" ist ein Auszug aus seinem im Rheinwerk Verlag erschienenen Lehrbuch "Licht. Die große Fotoschule".

"Licht" ist übrigens auch das Thema unseres aktuellen Fotowettbewerbs, zu dem du noch bis zum 28. Februar deine Werke einreichen kannst. Falls du noch weitere Inspiration für dieses Motto benötigst, findest du diese sicherlich in Eib Eibelshäusers Werk, zu dem wir unter dem Beitrag weitere Infos und Links zusammengestellt haben.

© Eib Eibelshäuser (alle Fotos zu diesem Beitrag)

Traumhafter Sonnenuntergang im Spätsommer auf der nordfriesischen Insel Föhr. Kitschig, aber doch ein willkommenes "Mitbringsel" von einer Reise. Bei dieser Aufnahme hat der Autor einige "überflüssige" Menschen herausretuschiert und so die Landlinie und den Übergang zum Wasser verschönert. Durch diese Reduktion der Bildinhalte wurde die Bildwirkung weiter ästhetisiert und verkitscht. 

Lichtspiel: Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge

/ / P+A-Blog

Der Sonnenuntergang als solches, vielmehr seine fotografische, weniger die gemalte Abbildung, wird landläufig gerne auch als Kitsch bezeichnet. Kitsch bedeutet in diesem Fall eine Wiederholung bekannter Klischees ohne jede eigenständige Lichtgestaltung. Die fehlende Originalität wird durch Übertreibung kompensiert. Als kitschig werden Fotos auch dann bezeichnet, wenn sie sozusagen ohne Inhalt zu stark auf ihre ästhetische Wirkung reduziert werden. Obwohl Kitsch mittlerweile als eigene künstlerische Kategorie betrachtet wird, schätzen wir das Foto dieses warmrot-gelben Sonnenuntergangs oben doch eher als nicht ganz hochwertig ein.

Faszination Sonnenuntergang

Doch seien wir ehrlich: Egal wie oft man ihn sieht, egal wie häufig man ihn erlebt, der Wunsch, von genau diesem Sonnenuntergang ein Foto zu machen, ist doch sehr groß. Vielleicht ist es die Beruhigung des Tageslichts, die mit dem Untergang der Sonne einhergeht, oder die schnelle Vergänglichkeit dieses Ereignisses, das die große (fotografische) Faszination ausmacht. Immerhin wird an den westlichsten Zipfeln der Inselkette von Key West in den USA jeden Abend exakt mit dem “Verschwinden” der Sonne laut Beifall geklatscht.

Wie also sollten Fotos von Sonnenuntergängen gestaltet sein, ohne Gefahr zu laufen, zu kitschig und klischeehaft zu werden? Sollte beispielsweise die Sonne noch zu sehen sein, so wie in der Abbildung oben? Und wenn ja, wie viel Sonne sollte dann noch sichtbar sein? Aus meiner Sicht gibt es keine allgemeingültig richtige Antwort. Aber: Bei klarem Himmel würde ich die Sonne nicht mehr zeigen, weil sie dann »nur« eine helle Kugel ohne jegliche Zeichnung ist. Bei diesigem Himmel oder bei einem Himmel mit Schleierwolken würde ich die Sonne in meine Bildkomposition miteinbeziehen, weil sich durch das Streulicht eine interessante Zeichnung ergeben kann.

Weißabgleich auf Tageslicht

Wichtig ist auch, für die Aufnahmen von Sonnenuntergängen grundsätzlich mit der Einstellung des Weißabgleichs auf Tageslicht (dieser Menüpunkt hat meistens das Sonnen-Symbol) zu fotografieren. Damit wird sichergestellt, dass die “Originalfarben” auch erhalten bleiben. Der Grad des Kitsches, also der Übertreibung der Farbgebung, lässt sich dann im Bildbearbeitungsprogramm nach Belieben steuern. Auch die geringfügige Entsättigung der Farbgebung kann durchaus eine dramatisierende Wirkung haben.

Die Verwendung einer längeren Brennweite ist ebenfalls empfehlenswert, denn durch ihre verdichtende Eigenschaft lässt sie den Vordergrund, die Küstenlinien und die Personen, die dem Sonnenuntergang fasziniert beiwohnen, enger mit dem Hintergrund, also dem Horizont und damit dem Sonnenuntergang, zusammenrücken. Ein Sonnenuntergang ohne erkennbaren Vordergrund ist nicht spannend: Das Foto wirkt dann platt, es erzählt keine Geschichte und lässt den Betrachter kalt.

Morgens ist das Blau dominanter

Abhängig von der jeweiligen Wetterlage kann ein Sonnenuntergang mit fantastischen Farbspielen verbunden sein. Neben dem dominanten Abendrot können auch gelbe, violette oder sogar grüne Farbtöne sichtbar werden. Das Licht der Sonne spiegelt sich dabei in kleinen Partikeln der Atmosphäre. Dabei wird das blaue Licht stets stärker gestreut als das rote Licht, das den Beobachter dann intensiver erreicht. Da morgens weniger Schwebstoffe in der Luft sind, ist dadurch auch der blaue Anteil des Sonnenaufgangs weniger gestreut und somit entsprechend dominanter sichtbar.

Bildergalerie

Wie es geht – und wie nicht – das zeigt die Bilderstrecke zum Beitrag.

 

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Licht. Die große Fotoschule

von Eib Eibelshäuser

436 Seiten, 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage 2018, gebunden, in Farbe, Rheinwerk Fotografie, ISBN 978-3-8362-6418-1, 44,90 Euro

Licht ist der zentrale "Werkstoff" der Fotografie. Unabhängig von deinen bevorzugten Motiven und der verwendeten Kameratechnik ist es das Licht, das deine Bilder "zum Leuchten" bringt. Du weißt das natürlich, aber arbeitest du tatsächlich bewusst ästhetisch und gestalterisch mit dem Licht?

Eib Eibelshäuser leuchtet diese Aspekte genau aus und zeigt dir, wie du durch den geschickten Umgang mit Licht zu individuellen Fotos gelangst, die aus der Masse herausstechen. Lass dich dabei auch von der herausragenden fotografischen Qualität begeistern, für die das Buch bereits in der 1. Auflage mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2018 in Bronze ausgezeichnet worden ist.

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Lightbouncing – hüpft Licht über das Portrait?

Workshop mit Eib Eibelshäuser
So, 14.05.2023, 11:00 bis 15:00 Uhr
Landschaftspark Duisburg-Nord

Die Teilnehmenden bauen zusammen mit den Referenten eine kleines Outdoorstudio in Form eines "sunbounce-Light-Cage" auf. Lernziel der fotografischen Arbeit ist der Umgang mit indirektem Licht – auch "Lightbouncing" genannt – als Hauptlicht der Lichtführung bei einem Portrait.

Ein weiteres zentrales Lernziel ist der gekonnte Umgang mit Amateurmodellen. Hierfür fotografieren sich die Teilnehmenden gegenseitig. Es werden eindrucksvolle Charakterportraits entstehen – eine schöne Erinnerung für alle Teilnehmenden. Im Workshop wird ebenfalls das Arbeiten mit einer "Posierhilfe" vorgestellt und geübt. Alles zusammen ergibt im besten Fall eine völlig neue Freiheit für die bildgestalterische Arbeit der Teilnehmenden.

Hier geht es zum Ticket-Shop.

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