Backstage: Was macht ihr eigentlich so das ganze Jahr?
Zum Start unseres Footprints-Projekts mit Pavel Kaplun und Die Albenmanufaktur hatten wir euch auch einen Blick hinter die Kulissen der Photo+Adventure versprochen. Heute löse ich dieses Versprechen endlich ein und nehme euch mit in den Backstage-Bereich.
Es ist tatsächlich ein jedes Jahr wiederkehrendes Szenario. Hat man auf dem Messe-Festival im Juni mal ein paar Minuten Zeit, sich unter die Besucher zu mischen und mit manchen ein persönliches Gespräch zu führen, gibt es eine Frage, die uns immer wieder gerne gestellt wird. Meist wird diese mit einem schweifenden Blick auf das geschäftige Treiben in der Messehalle und im Außenbereich eingeleitet. Dann folgen Sätze wie: “Also, heute und morgen ist Messe. Da habt ihr ordentlich zu tun, das sieht man.” Und dann kommt sie: “Aber, was macht ihr eigentlich so den Rest des Jahres?” Manchmal kann man bereits am Tonfall gleich eine Erwartungshaltung ablesen – oder es wird direkt nachgehakt. “Macht ihr andere Messen?”, “Habt ihr Zweitjobs?” und “Legt ihr ein Jahr lang die Füße hoch?” sind so die gängigsten Varianten.
Meine Antwort darauf klingt in der Kurzform so, als hätte ich sie aus einem Werbeprospekt zu unserem neuen certified-Programm geklaut: “Für mich ist das ganze Jahr Photo+Adventure-Zeit.” Allerdings war sie das schon, lange bevor wir das Ganzjahresprogramm mit Workshops und Seminaren an verschiedenen Orten aufgelegt haben. Es ist eine Antwort, die dann wiederum meist ungläubiges Staunen und eine gewisse Neugier hervorruft.
8000 Stunden für ein Wochenende
An dieser Stelle muss ich relativieren: Nicht jeder, der auf der Messe ein Photo+Adventure-T-Shirt trägt, arbeitet auch tatsächlich dauerhaft für die Photo+Adventure. Die meisten unserer fleißigen Helfer sind tatsächlich nur an diesem einen Wochenende für uns im Dienst. Es sind Schüler, Studenten, Rentner, es sind Freunde, Bekannte und Familienangehörige, die uns tatkräftig unterstützen. Viele davon sind seit dem ersten Jahr dabei. Ich hoffe, dass sie uns alle noch viele Jahre begleiten werden. Zum Kernteam hingegen gehören, je nach Zählweise, vier bis sechs Personen, die 2016 rund 8000 Arbeitsstunden für die Photo+Adventure aufgewendet hatten. Das wären vier Vollzeitarbeitsplätze und noch einmal 160 Überstunden pro Nase.
Mittlerweile kann ich auch noch ein zweites Mal relativieren: Nicht jede dieser 8000 Arbeitsstunden fließt in das Messe-Festival im Juni. Seit November 2015 gibt es das Photo+Adventure intermezzo, das jährliche Workshop-Wochenende im Landschaftspark. Anfang 2016 haben die Vorbereitungen zu unserem Gastspiel “abf präsentiert Photo+Adventure” in Hannover begonnen. Und bei unserer Premiere als Messe in der Messe wurde der Gedanke geboren, ein ganzjähriges Workshopprogramm zu etablieren, das im August 2017 unter dem Namen “Photo+Adventure certified” an den Start ging. Aber: Die Vorbereitungen für das Messe-Festival nehmen immer noch den mit Abstand größten Teil unserer Arbeit ein.
Der Startschuss fällt im Juli
Los geht es eigentlich direkt im Anschluss an die Messe: Ausstellerunterlagen sind zu aktualisieren, die Website ist aufzuräumen und es werden bereits erste Angebote an Aussteller und Caterer geschickt. Ebenso beginnt die Suche nach möglichen Walking Acts und Special Acts, zudem ist ein Key Visual – das Foto, das ihr dann später auf unseren Plakaten, Flyern, Anzeigen und Social-Media-Seiten seht – auszuwählen. Parallel dazu ist das intermezzo vorzubereiten. Referenten sind auszuwählen, Kursinhalte zu besprechen, Verträge zu schließen und die Kurse im Shop anzulegen, damit sie ab Anfang August für euch verfügbar sind. In diesem Jahr kam dann außerdem noch der Start des Photo+Adventure certified Programms hinzu.
Im Spätsommer und Frühherbst geht es dann zum einen aktiv in die Akquise: Zahlreiche Gespräche mit bestehenden und potenziellen Ausstellern sowie strategischen Partnern stehen in dieser Zeit an. Zum anderen wird der Marketingplan erstellt und danach mit Verlagen und anderen Werbeplatz-Anbietern Verhandlungen geführt. Bis Januar wissen wir zumeist, auf Heller und Pfennig genau, wohin unser Werbebudget fließt. Nicht zuletzt geht es schon wieder um das Thema Workshops: Ende November soll schließlich der Shop mit den meisten Kursen für das Messe-Festival des Folgejahres bestückt sein. Ihr sollt ja die Möglichkeit haben, euren Lieben auch ein Photo+Adventure-Ticket unter den Christbaum zu legen.
Duisburg, Wien, Hannover
Im November sind wir fleißig auf Achse. Erst nisten wir uns im Landschaftspark zum intermezzo ein, später im Monat geht es nach Österreich zur Photo+Adventure Wien. Hier helfen wir mit, dass die Messe gut gelingt – anscheinend erfolgreich, wenn man so das Presseecho der letzten Tage verfolgt. Auch die Tage in Wien sind für uns vollgepackt – die Arbeit ruft von Freitag bis Sonntag ab 7.30 Uhr, zurück im Hotel sind wir kaum vor 22 Uhr. Dennoch ist es – für uns, nicht für unsere österreichischen Kollegen – vergleichsweise entspannt. Man findet immer mal kurz Gelegenheit, mit Besuchern und Ausstellern zu plaudern oder sich auch den einen oder anderen Programmpunkt anzuschauen. Außerdem stehen im November die Vorbereitungen für unseren Photo+Adventskalender an. Auch in diesem Jahr wollen wir hinter den Törchen wieder 24 kleinere und manchmal auch größere Überraschungen platzieren. Langsam wird es eilig – noch findet ihr auf unserer Website den leer gefutterten Kalender aus dem Vorjahr.
Abgesehen von den Weihnachtstagen, an denen wir tatsächlich alle mal die Füße hochlegen, bleibt auch der Dezember geschäftig. Für unsere Aussteller endet die Frühbucherphase, es gehen zahlreiche Anfragen und Aufträge ein, die zu bearbeiten sind. Außerdem startet unser Fotowettbewerb im Januar und bis zu unserem Gastspiel in Hannover ist es auch nicht mehr lange hin.
Irgendwann zwischen Januar und März beginnt dann die richtig heiße Phase für uns, die auch erst mit dem Messe-Festival endet. Der Übergang ist fließend. Immer häufiger findet man sich nun auch an Wochenenden oder abends nach 20 Uhr am Arbeitsplatz wieder. Es sind Anzeigen zu gestalten, andere Messen zu besuchen, Ausstelleraufträge zu bearbeiten und die Bühnenprogramme zu planen. Zahlreiche Formalitäten landen auf unseren Schreibtischen: Feuerwehr, Ordnungsamt, Sanitäter haben ein Wörtchen mitzureden, unser Vermieter, der Landschaftspark, natürlich auch. Das Messemagazin ist zu erstellen, Pressemitteilungen sind zu schreiben, die Schatzsuche ist vorzubereiten und irgendwann sind die Einsendungen des Fotowettbewerbs aufzubereiten.
Das Rad dreht sich schneller
Gibt es dieses Jahr wieder eine Lightpainting Box? Haben wir noch Platz für eine Fotoausstellung? Ist die Aufplanung fertig? Sind die Möbel bestellt? Wer verteilt am Wochenende Flyer im Landschaftspark? Können wir Aussteller XY noch einen Herzenswunsch erfüllen? Steht das Vortragsprogramm schon auf der Website? Das Rad dreht sich spätestens ab März von Tag zu Tag schneller. Meine Todo-Liste ist in diesen Zeiten mehrere Seiten lang, jeden Tag streiche ich meist zwischen fünf und zehn Tasks von der Liste und schreibe viele neue wieder dazu.
2017 war es erstmals bei uns so, dass es 14 Tage vor dem Event etwas ruhiger wurde. Die Kollegen aus Österreich berichten von ähnlichen Erfahrungen. Die meisten Hausaufgaben sind gemacht, die Listen werden wieder kürzer. Trotzdem bleibt die Anspannung hoch. Man fiebert der Veranstaltung entgegen, klärt letzte Details, druckt Plakate, prüft, ob man auch wirklich nichts vergessen hat. Ich kann euch sagen, in dieser Phase träume ich nachts von der Photo+Adventure – in der Regel, dass ich doch irgendetwas wichtiges vergessen habe, Aussteller und/oder Besucher deswegen zurecht extrem ungehalten sind und meine Kolleginnen meine Fehler ausbügeln müssen. Schön, wenn man dann morgens wieder am Schreibtisch sitzen kann, um dieses Szenario zu verhindern.
Dieser Moment
Vom Messe-Wochenende selbst möchte ich an dieser Stelle nicht viel erzählen. Das haben wir ja an anderer Stelle schon oft genug getan. Auch 2018 werden wir sicher wieder einige Bilder vom Aufbau auf Facebook & Co. präsentieren. Aber drei für mich besondere Momente seien kurz erwähnt. Erstens: Der Moment, wenn man am Donnerstagmorgen um 7 Uhr erstmals die leere Kraftzentrale betritt. Zweitens: Der Moment, wenn am Samstagmorgen das Rolltor hochfährt und die Besucher in einer langen Schlange vor dem Eingang stehen. Das sind Momente voller Emotionen, Freude und Lust auf das Messe-Festival. Die Momente, in denen man weiß, wofür man in den letzten Wochen und Monaten so intensiv gearbeitet, diskutiert und manchmal auch gestritten hat. Der dritte Moment ist der Montagmorgen nach dem Messe-Festival – und der ist anders. Er fühlt sich ein wenig an wie ein Kater – und dieses Gefühl hält sich ein paar Tage.
Es ist unheimlich schwer, sich in dieser Zeit aufzuraffen und wieder nach vorne zu blicken. Das nächste Messe-Festival scheint fast unendlich weit weg. Es dauert so unsagbar lange, bis die Arbeit dieser Tage wieder diese süßen Früchte trägt. Trotzdem ist die Pause nur eine kurze. Nachdem wir montags unsere Büros im Landschaftspark geräumt haben, legen wir dienstags kollektiv die Füße hoch. Ab Mittwoch stehen dann die Nachbereitungen an. Kassensturz, Abrechnungen, Reporting für Team und Aussteller. Mühselig, aber notwendig. Und außerdem auch dringend. Denn in zwei Wochen beginnt der Juli – und ihr wisst es jetzt: Dann beginnt für mich die neue Photo+Adventure-Zeit.