Ein Beitrag von Sandra Wagner
Lightpainting, die Malerei mit Licht, findet immer mehr Anklang in der Fotografie-Szene. Heute möchten wir euch einen Einblick in diese Welt geben. Diese Form der Fotografie ermöglicht es, alte Motive in einem neuen Licht erscheinen zu lassen, andere Welten aufzumalen, etwas Einzigartiges zu schaffen. Sie bieten uns die Möglichkeit viel mehr Individualität in ein Bild zu bringen und andere damit zu verzaubern.
Hier sieht man ein wunderbares Beispiel…
Ein Bild, wie viele andere es auch bereits in den Beelitz Heilstätten aufgenommen haben:
Das gleiche Motiv (etwas andere Perspektive), individualisiert durch Lightpainting:
Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, findet aber immer mehr faszinierte Anhänger die sich den Herausforderungen stellen. Lightpainting erfordert neben Technik und Übung ein gewisses Maß an Kreativität und Vorstellungskraft, um zu überlegen wie die einzelnen Lichter später im Bild aussehen werden. Doch es bringt ganz neue Möglichkeiten mit sich und macht dazu noch eine Menge Spaß!
Was benötige ich für das Lightpainting?
Zunächst einmal brauchen wir eine Kamera, die über den Aufnahmemodus „Bulb“ verfügt, da beim Lightpainting Belichtungszeiten von mehreren Minuten durchaus normal sind. Die Kamera sollte auf einem stabilen Stativ stehen. Außerdem wird ein Fernauslöser benötigt. Idealerweise sollte dieser kabellos sein. Ob Funk- oder Infrarot spielt aber generell keine Rolle. Funkauslöser sind jedoch durchaus komfortabler, da sie eine größere Reichweite mit sich bringen. Weiterhin benötigen wir etwas zum Abdecken des Objektivs während der Belichtungspausen und entsprechende Lichtwerkzeuge.
Zu guter Letzt noch ein Tipp: Tragt ausschließlich schwarze, nicht reflektierende Kleidung. Haare unter einer schwarzen Mütze verbergen, Hände in schwarze Handschuhe stecken und wenn man euch gar nicht sehen soll, nehmt ihr eine Sturmhaube anstatt einer Mütze – das macht sehr viel aus. Umso mehr ihr euch damit befasst, umso mehr werdet ihr merken, dass es wichtig ist unsichtbar zu bleiben.
Welche Lichtwerkzeuge gibt es?
Jetzt fragt ihr euch sicher: „Was sind denn Lichtwerkzeuge?“. Die Antwort ist ganz einfach, denn so nennen wir die Tools, mit denen die Lightpaintings entstehen.
Es gibt ganz einfache Tools für den Einstieg, mit denen man schon recht viel anfangen kann, ohne sich direkt in einen erheblichen Bastelaufwand zu stürzen. Zum Beispiel hätten wir da die gute alte Taschenlampe. Diese eignet sich sehr gut um etwas auszuleuchten oder um Namen zu schreiben, Herzen oder Männchen zu malen. Selbiges kann man auch mit einfachen Wunderkerzen oder Gartenfackeln erreichen. Durch die Funken, bzw. Flammen wirkt es etwas spektakulärer.
Um etwas Farbe ins Spiel zu bringen, lassen sich Farbfolien aus dem Bereich der Lichttechnik nutzen. Besitzt man keine helle Taschenlampe, lässt sich auch ein Blitz mit Farbfolien abdecken und so die Umgebung ausleuchten. Aber Vorsicht: Bitte nur hitzebeständige Folien verwenden!
Ebenfalls nützlich ist auch das sogenannte El-Wire. Es ermöglicht tolle Nebeleffekte. Weitere, sehr gern genutzte Einstiegstools sind vor allem der Schneebesen mit Stahlwolle, sowie das sog. Domes-Rad.
Doch bevor wir euch verraten, wie genau man die einzelnen Lichtwerkzeuge zum Einsatz bringt oder sogar konstruiert, wollen wir euch zunächst einmal erläutern, welche Einstellungen und Techniken wichtig sind.
Aufnahmetechniken
Blende, ISO und Belichtungszeit
Die Kernfrage der meisten Neueinsteiger ist die Frage nach den drei oben genannten Komponenten. Dabei gibt es darauf gar keine generelle Antwort. Fangen wir mit dem ISO-Wert an. Die Bilder funktionieren in der Regel alle mit ISO 100 am besten. In seltenen Fällen könnt ihr diese Einstellung etwas hochsetzen. Jedoch bekommt man bei den extrem langen Belichtungszeiten schneller Probleme mit Bildrauschen, als bei Belichtungen um die 30 Sekunden – ein niedriger ISO-Wert ist daher erstrebenswert. Abhängig vom Umgebungslicht und von der Helligkeit des Lichtwerkzeugs wählt ihr eure Blende.
Natürlich sollen die Bilder scharf sein. Um einen großen Schärfebereich zu erhalten und um die optimale Abbildungsleistung aus euren Objektiven heraus zu holen, ist eine Blende zwischen 6.3 und 13 gut geeignet.
Die Belichtungszeit wird in erster Linie durch euer Lichtkunstwerk bestimmt. Das ein oder andere Gebilde benötigt schon bei der Erstellung allein 2-3 Minuten ohne dass die Umgebung bereits ausgeleuchtet wäre. Daher ist es grundsätzlich wichtig, die Umgebung ebenfalls im Auge zu behalten. Habt ihr viel Restlicht, schafft ihr auch keine langen Belichtungszeiten. Weiter abblenden hilft dann auch nicht unbedingt, weil die Lichtquelle ja dadurch nicht heller wird und ihr sie langsamer bewegen müsst, damit sie überhaupt sichtbar wird. An dieser Stelle merkt ihr es sicher schon, die Helligkeit eurer Lichtwerkzeuge muss zur Umgebung passen. Aber keine Angst dass es nun langsam kompliziert klingt, Übung macht den Meister und Spaß noch dazu.
Kommen wir nun zu den Aufnahmetechniken:
- Durchgehende Belichtung: Habt ihr z.B. eine Taschenlampe im Einsatz, die ihr während der Nutzung ein- und ausschalten könnt, braucht ihr erstmal nichts weiter beachten. Ihr belichtet ganz normal, wie bei jeder anderen Langzeitbelichtung auch.
- Abdecken: Benutzt ihr ein Tool wie z.B. eine Wunderkerze, die man zwischendurch nicht einfach ausschalten kann, müsst ihr euer Objektiv abdecken. Das funktioniert am besten zu zweit. Person 1 stellt sich vor die Kamera, zündet die Wunderkerze an und malt z.B. einen Kreis. Am Ende des Kreises sagt Person 1 der Person 2 hinter der Kamera Bescheid, dass das Objektiv abgedeckt werden soll. Person 2 ist natürlich schon vorbereitet und macht das unverzüglich. Erst wenn das Objektiv abgedeckt ist, kann Person 1 mit der Wunderkerze aus dem Bild heraus laufen – sonst bliebe auf dem Bild neben dem Kreis noch die Lichtspur des Herauslaufens sichtbar. Insbesondere beim Schreiben von Namen ist das schon ganz am Anfang wichtig.
- Mehrfachbelichtung: Da es beim Lightpainting ein ungeschriebenes Gesetz gibt, welches „kein Photoshop“ lautet, bezieht sich diese Technik ausschließlich auf Kameras, die eine Mehrfachbelichtung erlauben. Was aber nicht bedeutet, dass ihr nicht trotzdem diese Methode manuell anwenden dürft. Hier muss einfach jeder selbst entscheiden, wie er Bilder erstellt. Ob es nun mittels Photoshop oder manuell geschieht…
Jedenfalls könnt ihr in der Kamera vor allem dann die Mehrfachbelichtung einschalten, wenn ihr allein unterwegs seid. Anstatt dann das Objektiv abzudecken, stoppt ihr einfach die Belichtung und startet die nächste, wenn ihr wieder so weit seid. Das eignet sich zum Namen schreiben eher weniger, aber später bei größeren Kompositionen kann es durchaus sinnvoll sein.
Einsatz der Lichtwerkzeuge
Lassen wir nun einmal ein paar Bilder mit den ausgewählten Lichtwerkzeugen entstehen, die wir oben aufgezählt haben.
- Taschenlampe: Zum Beispiel die Led Lenser P7QC oder die T2QC sind hervorragende Lichtwerkzeuge, aber auch alle anderen, bereits vorhandenen Taschenlampen können ihren Zweck erfüllen.Um eine Figur zu malen oder um Namen zu schreiben, benötige ich eine nicht ganz so helle Taschenlampe. Hier gibt es nun 2 Möglichkeiten. Wollt ihr, dass Text auf der Kamera richtig herum erscheint, müsst ihr spiegelverkehrt schreiben. Oder aber ihr spiegelt später das Bild. Bedenkt an dieser Stelle jedoch, dass sich nicht jedes Motiv spiegeln lässt (z.B. weil Schriftzüge im Bild zu sehen sind). Beim Schreiben ist es sinnvoll in einem Probelauf erst einmal mögliche Größen zu prüfen und dabei immer den Startpunkt zu markieren. Setzt euch in der Umgebung gedanklich Punkte, an denen ihr die Höhe der Buchstaben immer festmachen könnt. Zudem ist es wichtig, sich bei jedem Buchstaben auf den Endpunkt zu konzentrieren, damit man genau weiß, wo man mit dem nächsten beginnen muss. Beim Malen von Figuren sind diese Merkpunkte ebenfalls wichtig. Malt man z.B. ein Männchen, lässt sich der eigene Körper prima als Orientierung nutzen und nachmalen.Die oben genannten Taschenlampen sind außerdem hervorragend geeignet, um die Umgebung auszuleuchten. Neben den drei standardmäßig vorhandenen Farben könnt ihr damit selbst kreativ werden und diese auch mischen. Leuchtet mal 15 Sek. blau und dann 15 Sek. rot auf die gleiche Stelle, schon erscheint es pink. Rot und grün ergeben gelb und grün und blau ergeben türkis.
Mit Taschenlampen lassen sich auch prima Konturen nachmalen. Sei es nun die Kontur einer Mauer, oder ein an die Wand gesprühtes Graffiti.All das funktioniert auch mit einer Wunderkerze oder Fackel. Der Unterschied liegt allein in der Technik. Beim Schreiben mit der Taschenlampe schaltet ihr die Taschenlampe am Ende jedes Buchstabens aus, beim Schreiben mit Wunderkerze oder Fackel deckt ihr das Objektiv nach jedem Buchstaben ab.Nebenbei kann man sowohl mit einer Wunderkerze als auch mit einer Taschenlampe die sog. Orbs malen. Das sind die Lichtkugeln, die man häufig sieht. Wie das funktioniert, könnt ihr hier nachlesen: http://lightpainting.sunnys.photos/orbs/ - El-Wire ist ein durch Elektrolumineszenz zum Leuchten gebrachtes Kabel. Dabei ist Elektrolumineszenz einfach die Eigenschaft, bei Anlegen eines elektrischen Feldes durch Nutzung bestimmter Materialien bzw. Materialkombinationen Licht zu emittieren. Die Leuchtkraft selbst ist nicht so stark wie bei anderen Leuchtmitteln, aber gerade das kann richtig eingesetzt sehr hilfreich sein. Wenn man es auf Bodenhöhe herum wirbelt, sieht es aus, als wäre ein mystischer Bodennebel vorhanden.
- Stahlwolle ist oft der erste Kontakt zum Lightpainting. Hier gibt es jedoch einige Dinge zu beachten. Ihr benötigt dazu einen Schneebesen (nicht aus Plastik!) sowie Stahlwolle. Bei diesem Lichtwerkzeug müsst ihr unbedingt auf Stabilität und Sicherheit achten. Daher an dieser Stelle ein Verweis auf einen Beitrag zu diesem Thema, wo euch ausführlich die Technik beschrieben wird, aber auch Sicherheitshinweise gegeben werden: http://lightpainting.sunnys.photos/stahlwolletec
- Das Domes-Rad ist ein ebenso beliebtes Einstiegs-Lichtwerkzeug. Auch dafür gibt es bereits eine wunderbare Bastelanleitung mit Hinweisen zur Nutzung: http://lightpainting.sunnys.photos/domes/
Bevor ihr nun eure ersten eigenen Lightpainting-Schritte macht, hier noch ein Tipp: Nutzt vorhandene Motive!
Die Totems auf Halde Haniel beispielsweise haben viele schon etliche Male fotografiert und irgendwann ist das Motiv einfach langweilig. Doch eingehüllt in Licht kann es einen ganz neuen Zauber entfachen.
Oder der Phoenix-See, fotografiert vom Steg… Mit etwas Licht ein völlig neues Motiv.
Ebenfalls ein sehr schönes Beispiel ist das Ehrenmal von Schloss Wittringen. Durch das im Bild eingesetzte Feuer kommt gleich eine ganz andere Stimmung auf.
Weitere Tipps zum Bau von Lichtwerkzeugen und Anleitungen wie diese zu nutzen sind, findet ihr auf meiner Webseite: http://lightpainting.sunnys.photos
[…] wie man die ersten Schritte beim Lightpainting macht, dem empfehlen wir den Gast-Beitrag über Lightpainting-Grundlagen von Sandra Wagner in unserem […]