Abenteuer Storytelling 2/2 – Vom Bild zur Geschichte / Fotografieren für die Multivision
Teil 2: Konkrete Beispiele – Landschaft & Action
In diesem zweiten Teil meines Artikels möchte ich die im ersten Teil beschriebenen Schritte im Rahmen eines fotografischen Storytellings anhand von zwei Beispielbildern noch einmal ganz konkret mit euch teilen und euch noch detaillierter hinter meine Kulissen blicken lassen.
Dazu habe ich zunächst das Foto von dem höchsten Vulkan der Erde, dem knapp 7.000m hohen Ojos del Salado in Chile ausgewählt.
Wie Ihr Euch sicher erinnert, beginne ich meine fotografischen Vorbereitungen damit, mir einen roten Faden für die jeweilige Geschichte zu überlegen. Bei der Tour nach Mexiko und Chile entscheide ich mich für die chronologische Reiseabfolge, eingebettet in eine thematische Storyline “Höhe” und “Making Of”.
In einem zweiten Schritt stelle ich mir viele Fragen rund um die Reise und den roten Faden. In diesem Fall sind dies z.B.: Wie stelle ich die Mächtigkeit des Ojos dar? Wie das Abenteuer einer Autofahrt auf über 5.000m Höhe? Wie am besten den Charakter der Atacama Wüste?
In meinem Kopf entwickelt sich dazu nach und nach u.a. ein Foto, auf dem wir mit unserem Pickup direkt auf diesen mächtigen Vulkan zufahren. Wesentlicher Bestandteil der entsprechenden Recherche ist daher die Suche auf Google Maps entlang unserer Route nach einer Stelle, an der der Vulkan prominent sichtbar ist und unsere Straße direkt auf ihn zuführt. Mit dem Ergebnis, dass sich dafür die Anfahrt in Richtung Atacama Hütte – unserem zweiten Basislager auf 5.200m – anzubieten scheint.
Unterwegs stellt sich diese dann tatsächlich als ideal für meine Fotoidee heraus. Ich fotografiere aus der Hocke mit einer Brennweite von 54mm (108mm umgerechnet in KB) direkt in Richtung unseres Pickups und dem dahinter gut sichtbaren Ojos del Salado. Für ein wenig Action lasse ich dabei die Bremslichter aufleuchten. Außerdem wähle ich einen eher zu großen Ausschnitt, da ich mir mit der Zeit angewöhnt habe, das entsprechende Feintuning in Bezug auf den optimalen Bildausschnitt später zu Hause in Ruhe im Rahmen der Bildbearbeitung vorzunehmen.
Diese erfolgt bei mir vollständig in Adobe Lightroom. Erster Schritt ist die Sortierung der mitgebrachten Aufnahmen unter Vergabe von Markierungen und Bewertungssternen. Nach mehreren Runden habe ich unser Beispielfoto in die Kategorie „Spitzenklasse“ einsortiert. Weitere Kategorien sind „gut“, „für die Geschichte notwendig“ und „aussortiert“. Wobei ich die aussortierten Bilder niemals lösche, sondern auf eine externe Festplatte auslagere.
Bei der nun folgenden Bildbearbeitung schätze ich an Adobe Lightroom die schnelle Bearbeitungsmöglichkeit mit Hilfe von Reglern und Presets. Für Chile entscheide ich mich dafür, jeweils den Kontrast sowie die Klarheit zu erhöhen. Diese Bildsprache drückt für mich am besten aus, was ich in der Atacama Wüste bzw. bei der Aufnahme empfunden habe: Die klare Sicht aufgrund der dünnen Höhenluft, die vielen feinen und fast unendlichen Farbschattierungen sowie der fantastische Kontrast zwischen dunkler Erde, blauem Himmel und strahlendem Eis.
Als zweites Beispiel habe ich mich für ein Foto aus dem Bereich „Actionfotografie“ von unserer Erstbefahrung des Kilimandscharo in Tansania mit dem E-Bike entschieden.
Bei dieser Story besteht der rote Faden aus einem Spannungsbogen mit dem Hinarbeiten und Mitfiebern auf den Gipfelerfolg mit all den vielen Tücken und Hürden bereits im Vorfeld.
Entsprechend stelle ich mir folgende Fragen im Rahmen der Drehbucherstellung: Wie zeige ich die Vorteile der E-Bikes? Wie zeige ich die großen Anstrengungen einer Gipfeletappe, bei der wir die 21kg schweren Räder schieben oder sogar tragen müssen? Wie portraitiere ich die fünf Vegetationszonen am Kilimandscharo? Und vor allem auch, wie kann ich meine Zuschauer hautnah an dem Erlebnis Bergbesteigung mit dem Fahrrad teilhaben lassen?
Zur Beantwortung der letzten Frage nutze ich die Google Bildersuche und schaue mir Actionsfotos von Mountainbikern an. Parallel dazu probiere ich im Vorfeld während meines Trainings jede Menge an verschiedenen Kamerapositionen und Perspektiven aus. Ich nutze dabei mein mobiles Telefon als Fernauslöser für meine Kamera, wobei ich sehr schnell und mit zwei Stürzen schmerzhaft lerne, dass ich die Aufnahmen besser im Stand denn fahrend auslösen sollte.
Am besten gefallen mir die bei diesen Test-Shootings entstandenen Close-Up Aufnahmen mit dem Weitwinkel-/Fisheye-Objektiv aus der Froschperspektive.
Das Beispielbild von dieser Tour ist dann auf ungefähr 4.400m Höhe in der Mawenzi Ebene entstanden. Ich nutze dabei zwei größere Felsbrocken als Rahmen und fotografiere mit 7mm (KB umgerechnet 14mm) und Klappdisplay direkt aus der Bodenperspektive. Ich stelle die Kamera auf Serienbild und lasse anschließend meinen Freund Roman mit mittlerem Tempo an mir vorbei fahren. In dem hier am Ende ausgewählten Bild haben Roman sowie das E-Bike die perfekte Position, und der leicht unscharfe Vorderreifen unterstreicht zusätzlich die Dynamik.
In der späteren Bildbearbeitung wähle ich einen kleineren Bildausschnitt, erhöhe die Belichtung und vor allem auch die Tiefen, verstärke die Dramatik im Himmel und helle das Gesicht ein wenig auf. Außerdem gebe ich dem Foto einen leicht kühleren Grundton.
In der fertigen Multivision ist das Foto dann Teil einer mit Musik hinterlegten Sequenz, in welcher ich Fotos und Film kombiniere und spannende Einblicke in das Fahrradfahren an einem Vulkan gebe.
Termine meiner aktuellen Veranstaltungen „Volcanic Seven Summits“ und auch „Feuer und Eis – eine heißkalte Weltreise“ findet ihr übrigens auf meiner Website: http://rohnfelder.de/blog/termine/
Meine Bilder entstehen also zu einem großen Teil vorab im Kopf sowie auch auf Papier. Am Ende bedeutet dies, dass ich in der Regel mehr Zeit in die Vor- und Nachbereitung einer Reise wie in die Reise selber stecke. Ein hoher Aufwand, der mit vielen fantastischen Aufnahmen und Geschichten belohnt wird.
Mehr dazu bzw. wie ich im Anschluss an die Bildbearbeitung meine Multivisionen programmiere sowie einen Trailer dafür produziere, lernt ihr in meinem Workshop „Abenteuer Storytelling“ im Rahmen der Photo+Adventure.