Wir stellen vor: Josef Schwarz
Seit wann fotografierst du und wie hat alles angefangen?
Das Schlüsselerlebnis und somit den Zugang zur kreativen Fotografie hatte ich während meiner Zeit bei der Bundeswehr (1969-72). An unserem Standort befand sich auch eine US-Kaserne, an der für die GIs ein Fotolabor eingerichtet war.
Als mich ein Freund in die Dunkelkammer mitnahm und ich erstmals das Entstehen eines Schwarzweißbildes in der Entwicklerschale sah, war meine Leidenschaft für die Fotografie erwacht und der Grundstein für weitere 50 Jahre Fotografie gelegt.
Seither haben zwei Leitmotive meine fotografische Entwicklung geprägt: „Weniger ist mehr“ und „Ein gutes Bild entsteht zuerst im Kopf des Fotografen“. Wer diese Leitsätze anwendet, dem wird sich die Welt der anspruchsvollen Fotografie erschließen.
Seit 1977 bin ich Mitglied des Fotoclub Schrobenhausen und auch Mitglied im DVF (Deutscher Verband für Fotografie).
Wie und wo ist dieses von dir zum Fotowettbewerb eingereichte Bild entstanden? Gibt es eine Geschichte dazu?
An jenem Tag, an einem Wochenende war ich in einem Hindu-Tempel im südindischen Madurai unterwegs. Da sich an Wochenenden sehr viele Inder in den Tempelanlagen treffen, sind hier immer gute Foto-Situationen von Menschen zu erwarten.
Als Fotograf halte ich mich dabei immer dezent im Hintergrund und möchte möglichst wenig auffallen.
Die auf meinem eingereichten Bild am Boden, im Schatten sitzende Frau mit ihren drei Kindern erforderte eine schnelle Reaktion und ich hob meine Kamera nach vorne und gab der Frau durch ein Lächeln und Kopfnicken meine Foto-Absicht zu verstehen. Das kleine
Mädchen beobachtete dies und sah dann zur Mutter hoch. Als mir die Frau durch ein Kopfnicken ihre Zustimmung gab, habe ich den Auslöser der Kamera betätigt und es entstand das Bild mit dem „doppelten Augenblick“.
Mit welcher Ausrüstung und welchen Einstellungen ist das Bild entstanden?
Viele Fotoamateure machen in meinen Augen den Fehler, sich mit ihren „Profi-Kameramodellen“ zu produzieren und das Verhalten ist eher auffällig. Das erweckt in den Augen der Leute den Eindruck, dass sie Objekte der Bildvermarktung werden.
Um möglichst wenig aufzufallen klebe ich sogar den Namen des Herstellers am Spiegelkasten meiner Kamera mit schwarzem Klebeband ab.
Das Bild entstand mit einer Canon EOS 5D Vollformat Kamera und einem Canon EF 70-200/2,8 Objektiv, bei 70 mm Brennweite, ISO 1600, Blende 2,8 und einer 1/500 Sek. Belichtungszeit, Zeitautomatik und mittenbetonter Belichtungsmessung.
Was fotografierst du grundsätzlich am liebsten?
Meine beiden großen Leidenschaften, die Fotografie und das Reisen finden im Abbilden von Menschen in ihrer vertrauten Umgebung zu einer Symbiose und großer innerer Freude. Menschen wie auf meinen Bildern abzulichten gelingt nur, wenn man sich mit den Persönlichkeiten auseinandersetzt, Vertrauen aufbaut und seinem Gegenüber das Gefühl von
Akzeptanz und Interesse am Menschen und seinem Lebensraum vermittelt.
Erst dann gelingen außergewöhnliche, gar einmalige Menschenbilder. Auf meinen Reisen in den letzten Jahrzehnten konnte ich diese, meine beiden Leidenschaften einbringen und es entstanden dabei Bilder und Erlebnisse, die ich niemals missen möchte.
Was inspiriert dich in fotografischer Hinsicht?
Das Entstehen meiner Bilder von Menschen ausschließlich im Dialog und mit dem Einverständnis der abgelichteten Menschen. Erst nach einem Gespräch und dem dadurch aufgebauten Vertrauen gelingen auch einmalige Bilder voller Offenheit und Harmonie, „ein
Blick in die Seele des Menschen“.
Hast du fotografische Vorbilder?
Meine fotografischen Vorbilder sind Annie Leibovitz und Peter Lindbergh.
Was ist dein fotografischer Wunschtraum, was möchtest du erreichen oder fotografieren?
Mit zunehmendem Alter rücken die fotografischen Wunschträume etwas in den Hintergrund. Wenn es die Zeit nach Covid wieder ermöglicht, würde ich gerne in Südafrika und Lesotho fotografische Exkursionen unternehmen.
Hat sich die Corona-Zeit auf deine Fotografie ausgewirkt? Setzt du andere Schwerpunkte? Probierst du vielleicht etwas anderes?
Die letzten 18 Monate waren nicht die Zeit des Reisens und des großen Dialogs mit Menschen. In dieser Zeit habe ich die Schönheiten der näheren Umgebung und die „kleinen Dinge“ der Makrofotografie wiederentdeckt und habe viel Freude dabei.