Gastbeitrag von

Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi

Es gibt Menschen, die fotografieren auf Reisen, und es gibt andere, die begeben sich auf Reisen, um zu fotografieren. Die Schweizer Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi gehören definitiv in die zweite Kategorie. Die Kamera ist für sie ein essenzielles Tool, das es erlaubt, einen ganz eigenen Blick auf die Welt zu richten und diesen mit anderen Menschen zu teilen. Ihre gesammelten Erfahrungen haben die beiden im Fotolehrbuch "Reisefotografie - Die große Fotoschule", erschienen im Rheinwerk Verlag, zusammengetragen.

Zum Start unseres Fotowettbewerbs "Fernweh" präsentieren wir euch mit freundlicher Genehmigung des Verlages einen exklusiven Auszug und zeigen euch 7 Bilder der beiden Fotografen, die euch auch einen Einblick in die Entstehungsgeschichte ihrer Werke gewähren. 

Übrigens: Blogs, Vlogs, Fotos und Videos rund um das Thema Reisen sowie spannende Geschichten aus dem Reisealltag und viele Fototipps zum Ausprobieren findest du auch auf der von Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi betriebenen Website www.journeyglimpse.com.

Die Magie der Reisefotografie

/ / P+A-Blog

Reisefotografie ist die kreative Verkörperung von Neugierde und Sehnsucht, die sich im wiederholten Fortziehen von zu Hause manifestiert. Nur wer neugierig auf die Welt und auf fremde Kulturen ist, vermag es, deren Schönheit in bewegenden Bildern festzuhalten. Nur wer mutig genug ist, sich an Orte zu begeben, an denen er noch nie war, wird mit speziellem Licht und unvergesslichen Momenten belohnt. Um bewegende Fotos zu schießen, braucht es Offenheit für andere Kulturen, Gebräuche und Sitten. Bewegende Reisefotografie erfordert Empathie und Geduld. Nur wer beobachtet, kann wirklich sehen. Dem Geduldigen eröffnet sich eine Welt, die schöner ist als jeder Traum. Daher ist der beste Tipp, den wir bezüglich der Reisefotografie geben können: Wage den Schritt aus der eigenen Komfortzone heraus! Es ist ein Schritt, der manchmal Angst machen kann. Es ist aber ein Schritt, der sich fast immer lohnt!

Anhand der nachfolgenden Bilder reisen wir gemeinsam um die Welt und schauen uns verschiedene Situationen an:

Die märchenhafte Landschaft von Quiraing bei Sonnenuntergang. Rechts im Bild ist noch das Licht der Goldenen Stunde zu sehen, von links naht bereits die Blaue Stunde.
Quiraing | Isle of Skye | Schottland – 12 mm | ƒ4,5 | 1/40 s | ISO 400

Im Reich der Farben

Der Quiraing, gelegen auf der schottischen Isle of Skye inmitten der Highlands, ist ein surreal anmutender Ort, besonders, wenn wie in diesem Beispiel alles perfekt zusammenkommt. Das Bild wurde nach der Goldenen Stunde geschossen, als die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden war. Die nun beginnende Blaue Stunde zauberte eine unwirklich anmutende Szenerie. Der Himmel ist farblich zweigeteilt und sorgt damit für eine Multidimensionalität.

Durch die Kameraposition in Bodennähe entsteht das Gefühl, man würde direkt in der Szene stehen. Der Weg auf der rechten Seite dient als Führungslinie und sorgt dafür, dass der Blick ins Bild hineingezogen wird. Durch das Bäumchen auf der linken Seite erhält das Bild das gewisse Etwas – in diesem Fall einen schönen Vordergrund.

In der Namib-Wüste haben wir die ersten Sonnenstrahlen des Morgens eingefangen. Namib Sand Dunes | Namib-Wüste | Namibia – 50 mm | ƒ5,6 | 1/125 s | ISO 100

Licht- und Schattenspiel

Ein Sonnenaufgang bei den Dünen in der Namib-Wüste von Namibia – es ist ein Motiv, das vom Spiel aus Schatten und Licht lebt. Die Chance, so ein Bild zu schießen, bekommen Sie nur einmal am Tag. Es gilt, die tief stehende Morgensonne einzufangen, kurz nachdem sie über den Horizont getreten ist. Viel Zeit gibt es dafür nicht. Mithilfe einer weit geschlossenen Blende lassen sich die sichtbaren Sonnenstrahlen erzeugen, die als Hingucker im Bild fungieren. Die fotografische Herausforderung bei diesem Motiv besteht im großen Kontrastumfang durch das direkte Gegenlicht.
Bereits am Vorabend haben wir die genaue Aufnahmeposition bestimmt und mittels der App PhotoPills den Stand der Sonne eruiert, um so zu wissen, wann die Sonne genau wo stehen wird. Eine solche Vorbereitung gibt in manchen Situationen den entscheidenden Wissensvorsprung.

Die Goldene Stunde ist nicht nur in der Landschaftsfotografie eine magische Zeit. Dieses Licht schmeichelt auch den Tieren. Springbock | Etosha-Nationalpark | Namibia – 562 mm | ƒ6,3 | 1/1000 s | ISO 500

Tiere im magischen Licht

Was Fotografen immer wieder begleitet, ist die Suche nach dem perfekten Licht. Nichts ist derart wichtig für die Wirkung eines Bildes wie das Licht. Blaues Licht wirkt sehr mystisch, goldenes Licht hingegen sehr freundlich und einladend, wie Sie an diesem Beispiel gut sehen. Ein Bild eines Springbocks ist in der Regel nichts Besonderes. Aufgenommen in der Goldenen Stunde aber, wird es zu einem wunderschönen Werk und ist gleichzeitig das perfekte Beispiel dafür, dass es sich lohnt, immer mal wieder den Blick von der Kamera zu lösen. Denn eigentlich fotografierten wir in dieser Situation einen Elefanten, der vor uns stand. Erst ein Blick nach hinten sorgte dafür, dass wir auf den Springbock aufmerksam wurden.

Dieser Ort ist auf Grund der farblichen Kontraste ein sehr beeindruckender Fotospot. Die roten Steine gepaart mit dem blauen See und den dunklen Wolken lassen dieses Bild unwirklich erscheinen. Piedras Rojas | Atacama-Wüste | Chile – 16 mm | ƒ22 | 1/40 s | ISO 160

Zur richtigen Zeit

Die Piedras Rojas in der chilenischen Atacama-Wüste liegen in über 3 000 Metern Höhe – ein echtes Highlight. Wichtig ist bei den Piedras Rojas, dass das Licht stimmt. Bei unserem Besuch mussten wir uns so richtig beeilen, um noch die letzten Sonnenstrahlen zu erwischen und dieses Bild zu schießen.

Die aufziehenden dunklen Wolken setzen einen wunderbaren Kontrast zu den farbigen Felsen und verleihen dieser Szenerie etwas Magisches. Für mehr Tiefe im Bild wurde besonders auf den Vordergrund geachtet, die Steine sind für die Bildwirkung ein tragendes Element.

Der Sonnenaufgang auf dem Old Man of Storr ist ein fantastisches Erlebnis. Die morgendliche Anstrengung lohnt sich, insbesondere dann, wenn die Wolkendecke einige Sonnenstrahlen durchlässt. Old Man of Storr | Isle of Skye | Schottland – 25 mm | ƒ16 | 1/60 s | ISO 200

Der Lohn für die Anstrengung

Der Old Man of Storr ist eines der Wahrzeichen der Isle of Skye. Ein Foto des Old Mans will aber verdient sein. Sie »zahlen« mit einem rund 70 Minuten dauernden Fußmarsch vom Parkplatz hoch zu den Felsen. Je früher Sie aufbrechen, desto besser, denn besonders magisch ist der Blick bei Sonnenaufgang, zumindest, wenn das Wetter stimmt. Wer die ersten Sonnenstrahlen des Tages einfangen möchte, der bricht noch in der Dunkelheit auf. Wichtig ist, genügend Zeit einzuplanen. Denn oben angekommen, gilt es zuerst einmal, den passenden Bildausschnitt zu suchen. Wo finden sich Linien, die den Blick führen? Was eignet sich für den Vordergrund? Und dann heißt es: warten und hoffen. In diesem Fall hatten wir großes Glück, und uns wurde von der Natur ein wunderbarer Sonnenaufgang serviert.

Es wirkt so, als würde man aus dem Dschungel auf eine Stadt blicken. In diesem Fall auf Lissabon. Es ist keine Fotomontage, aber mal ein ganz neuer Blickwinkel. Ponte 25 de Abril | Lissabon | Portugal – 16 mm | ƒ22 | 1/40 s | ISO 160

Der andere Blickwinkel

Ein Foto dieser Brücke gehört in das Album eines jeden Lissabon-Besuchers. Das Internet ist voll mit Bildern der Ponte 25 de Abril, die stark an die Golden Gate Bridge in San Francisco erinnert. Die meisten Fotos ähneln sich enorm, sehen fast gleich aus. Warum? Der Großteil der Bilder wird von der gleichen Perspektive aus geschossen. Unser Bild ist der Versuch, wegzukommen von dieser Eintönigkeit und diese sehr wohlbekannte Brücke aus einem ganz anderen Blickwinkel zu zeigen. Dies machen wir über den speziellen Vordergrund, die Perspektive und die Lichtstimmung.

Das Durchhalten hat sich gelohnt. Für einen kurzen Moment wurden zwei der Twelve Apostles vom goldenen Licht angestrahlt. Twelve Apostles | Great Ocean Road | Victoria | Australien – 24 mm | ƒ10 | 1/125 s | ISO 100

Bereit für den magischen Augenblick

Die Twelve Apostles im Bundestaat Victoria gehören zu den bekanntesten Wahrzeichen Australiens. Zwölf sind es schon lange nicht mehr, das nimmt dem Erlebnis aber nichts: Besonders bei Sonnenuntergang sind sie ein beliebtes Ziel. Bei Sonnenaufgang ist an diesem Ort dagegen nicht ganz so viel los.

Wie so oft in der Nähe von Küsten wechselt das Wetter auch hier sehr schnell. Lange waren wir uns nicht sicher, ob das Bild nur gut oder herausragend werden wird. Die Wolkendecke war lange Zeit sehr dicht. Nichtsdestotrotz machten wir uns bereit für den einen Moment, in dem die die Wolkendecke kurz aufreißen und die Sonne ihre Strahlen auf die Erde fallen lassen und alles in ein goldgelbes Licht tauchen würde.

Es war ein extrem kalter Morgen. Zitternd hofften wir auf das gute Licht, die Kamera in Stand-by, damit wir sofort loslegen könnten. Dann plötzlich war es so weit. Für einen kurzen Moment nur lockerten sich die Wolken ein wenig, ehe sie den Himmel kurz darauf wieder verschleierten und die Sonne verdeckten. Das Spektakel dauerte nur kurz an, maximal zwei bis drei Minuten. Genug Zeit, um dieses Bild zu schießen, auch hier dank guter Vorbereitung.

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Reisefotografie - Die große Fotoschule

von Stephanie Bernhard & Stefan Tschumi

411 Seiten, 2021, gebunden, in Farbe
Rheinwerk Fotografie, ISBN 978-3-8362-7513-2

Reisen und Fotografie – in diesem Buch treffen sich zwei Leidenschaften! Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit dir, sodass du von deiner nächsten Reise die Bilder und Videos mitbringst, die deinen Eindrücken gerecht werden. Von starken Porträts über stimmungsvolle Landschaftsbilder und Fotos heimischer Tierarten bis hin zu all den kleinen Dingen, die Reisen so bereichernd machen. Darüber hinaus erhältst du viele Tipps rund um die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung Ihrer Reisen. Und über all das wird nie die Emotion vergessen, die das Reisen auch ausmacht!

Das Buch kannst du unter anderem hier bestellen.

Reisen bedeutet für Stephanie Bernhard entdecken. Reisen bedeutet erleben. Reisen bedeutet aber auch verzichten. Reisen bildet. Reisen kann den Blick auf die Welt verändern. Reisen heißt für sie aber auch, aus dem Alltag ausbrechen und Dinge einfach geschehen zu lassen. Niemals reist sie jedoch ohne ihre Kamera. Die Kamera lässt Stephanie ein Land anders erleben. Sie achtet auf die Details, nimmt die Szenerien Stück für Stück wahr, je nach Brennweite.

Insbesondere die Porträtfotografie hat sie auf einer Weltreise 2017/2018 sehr gepackt. Jedes Gesicht ist anders. In jedem Gesicht kann man eine Geschichte lesen. Es erfüllt sie sehr, diese Gesichter festzuhalten und noch mehr freut es sie, wenn sie anschließend einen Abzug des Fotos an die Personen aushändigen und ihnen damit eine Freude machen darf.

Seit seiner frühen Kindheit faszinieren Stefan Tschumi fremde Kulturen und ferne Länder. Deshalb liebt er das Reisen, das aus seiner Sicht die beste Lebensschule und zudem Medizin gegen Vorurteile ist. Auf Reisen immer dabei ist seine Kamera. Nicht nur, weil er die Fotografie liebt, sondern auch, weil er mit seiner Kamera eine universell verständliche Sprache erschaffen kann. Bilder öffnen Türen – manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes.

Bilder verbinden Menschen und wecken Emotionen. Das Reisen und die Fotografie bilden eine Symbiose, die ihn immer wieder in die Welt hinauszieht. So wird er Gast in fremden Ländern und zeigt die besonderen Reise-Momente aus seinem Blickwinkel.

Weitere Informationen: https://stefantschumi.photography/

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