Bildprojektionen bei Panoramen
Bevor der Einstieg in die Panorama-Fotografie gelingen kann, gilt es, sich die Grundlagen näher anschauen, auf denen Panoramen beruhen. Hier kreist alles um den Begriff der »Projektion«, die jene optisch-geometrisch-mathematischen Grundlagen umfasst, auf denen das basiert, was unser Auge bzw. die Kamera sieht. Die verschiedenen Projektionen machen einerseits den Reiz der Panoramafotografie aus, ermöglichen aber auf der anderen Seite auch, Darstellungsaufgaben zu lösen, die mit herkömmlicher Fotografie nicht möglich sind.
Was ist eine Projektion?
Eine Projektion beschreibt, wie sich die Geometrie eines Gegenstandes oder einer Szenerie, die wir mit einem optischen System aufnehmen wollen, zur Geometrie der Abbildung verhält. Verantwortlich für die Abbildung sind die Linsen des Objektivs, deren optische Eigenschaften quasi die »Übersetzung« dieser beiden Geometrien vornehmen.
Rektilineare Projektion
Eine rektilineare Projektion entspricht unserem normalen Sehen und bildet gleiche Streckenverhältnisse in der Natur auf proportional gleiche Strecken in der Abbildung ab. Haben wir in einer Szenerie zwei Abstände von z. B. vier Metern und zehn Metern, bildet die rektilineare Projektion diese in den Proportionen 4:10 ab. Dabei werden alle geraden Linien auch gerade abgebildet. Gleiches gilt für rechte Winkel (davon ist auch der Name hergeleitet). Alle Größenverhältnisse und Bildproportionen der Abbildung erscheinen uns realistisch und natürlich. Die meisten fotografischen Objektive versuchen, diese Projektion möglichst perfekt zu erreichen.
Für die Panoramafotografie, die ja oft einen möglichst großen Blickwinkel abbilden soll, hat die rektilineare Projektion aus mathematisch-physikalischen Gründen den Nachteil, dass dieser Winkel mit etwa 120° begrenzt ist. Bei einem Objektiv entspricht dieser Winkel einer theoretischen Brennweite von etwas über 10 mm (bezogen auf das Kleinbildformat). Auch wenn es tatsächlich Objektive mit so kurzen Brennweiten gibt, sind die kürzesten sinnvollen Brennweiten eher größer, wenn Sie zum Bildrand hin noch eine qualitativ hochwertige und nicht allzu verzerrte Abbildung haben möchten.
Zylindrische Projektion
Um diese Grenze von etwa 120° zu überwinden und einen größeren Blickwinkel abbilden zu können, der bis zur kompletten Rundumsicht von 360° reicht, brauchen Sie eine andere Projektion. Die zylindrische Projektion stellt einen Blickwinkel von 360° als Bildstreifen dar. Das bedeutet, dass nicht mehr alle Linien im Bild, die in der Natur gerade sind, auch gerade dargestellt werden können. Das ist nur noch bei den Senkrechten möglich, während alle Linien, die waagerecht oder schräg verlaufen, mehr oder weniger gebogen dargestellt werden. Die daraus resultierende Geometrie macht für die meisten Betrachter auch das Typische eines Panoramas aus.
Die zylindrische Projektion ist gewissermaßen »zwitterhaft «: Da ein Zylinder in der Senkrechten eine gerade Erstreckung hat, wird dort gleich abgebildet wie bei der rektilinearen Projektion, also mit den gleichen Längenverhältnissen in Natur und Abbild. Im Gegensatz dazu werden in Richtung des Zylinderumfangs gleich große Blickwinkel in der Natur in gleiche Bildstrecken in der Horizontalen des Abbildes übersetzt. Die zylindrische Projektion umfasst also zwei verschiedenartige Projektionen entlang der beiden Bildachsen.
Sphärische Projektion
Einer sphärischen Projektion liegt eine Kugel zugrunde. Sie ist in der Lage, eine komplette Rundumsicht sowohl in der Horizontalen (360°) als auch in der Vertikalen (180°) wiederzugeben. Hier werden nicht gleiche Wegstrecken in der Natur in gleiche Abstände im Bild übersetzt. Es wird nur von Winkeln ausgegangen. Die für Panoramabilder dieses Typs sehr gebräuchliche Bezeichnung »equirektangular« spiegelt das wider. Gleiche (»equi«) Winkel (»angular«) im Bild ergeben gleiche Abstände im Bild. Ein Sichtfeld von z. B. 10 x 10° ist also überall im Bild gleich groß. Die Ergebnisse dieser Projektion werden auch Kugelabwicklungen genannt oder Kugelpanoramen. Weil der Blickwinkel für eine komplette Kugel immer 360 x 180° beträgt, ist auch das Seitenverhältnis zwingend exakt 2:1.
Kubische Projektion
Eine spezielle Abbildungsmethode stellt die kubische Projektion dar. Sie können sich die sphärische Projektion so vorstellen, dass Sie in der Mitte einer Kugel stehen, die geometrisch exakt das abbildet, was Sie in der Natur um sich herum sehen würden. Nimmt man statt dieser Kugel einen Würfel, ist das Bild visuell genau gleich, wenn man diesen Würfel aus sechs quadratischen Bildern zusammensetzt, deren Blickwinkel jeweils 90 x 90° sein muss. Die Projektion der Würfelseiten selbst ist rektilinear.
Die sphärische Projektion benötigt nur ein Bild für die Abbildung einer kompletten Kugel. Die kubische Projektion verlangt stattdessen immerhin nach sechs Bildern, die dafür aber geometrisch einfacher sind. Das bietet vor allem technische Vorteile, die sich insbesondere an interaktiven Panoramadarstellungen deutlich zeigen werden.
Bilder: Thomas Bredenfeld