Gastbeitrag von

Klaus Wohlmann

Reisefotografie in Kalkutta, © Klaus Wohlmann
© Klaus Wohlmann

Im Juli war Klaus Wohlmann auf Fotoreise in Kalkutta - ganz bewusst zur Zeit des Monsuns. In unserem Blog schreibt Klaus nun über bessere Reisefotos und teilt seine Erlebnisse in der indischen Metropole.

Wer von ihm lernen möchte, hat beim Photo+Adventure intermezzo die Gelegenheit einen seiner Workshops zu besuchen.

“Monsun-Chasing” in Kalkutta – Reisefotografie in Indien

/ / P+A-Blog
Reisefotografie in Kalkutta, © Klaus Wohlmann

Kalkutta ist für mich eine Stadt der Gegensätze. Als Metropole mit 4,5 Millionen Einwohnern ist es die siebtgrößte Stadt Indiens. Spreche ich von Gegensätzen so meine ich in diesem Fall nicht den Kontrast zwischen arm und reich, den man zunächst vermuten mag. Es ist der Kontrast zwischen laut und leise: Kalkutta ist nämlich trotz des fast allgegenwärtigen Gewusels und Trubels eine Stadt, die eine gewisse Ruhe ausstrahlt und in der es immer wieder Ruhiges und Beschauliches zu entdecken gibt. Hervorragende Voraussetzungen also für einen mehrtägigen Workshop zur Reisefotografie der Tamron-Akademie um eben jene Kontraste zwischen der Ruhe und dem Summen der Großstadt bildlich festzuhalten.

Kalkutta zur Zeit des Monsuns

Reisefotografie in Kalkutta, © Klaus WohlmannBereits 2007 war ich schon einmal vor Ort und beeindruckt von der Stadt, den Menschen und vor allem ihrem Umgang mit dem Monsun-Regen.  Der Monsun setzt ein, der harte Regen prasselt nieder und innerhalb kürzester Zeit ist alles vollständig nass und geflutet. Man watet durch riesige Pfützen und es gibt sofort so gut wie keinen trockenen Ort mehr im Freien. Es regnet “wie sau” – wie schützt man sich?

Wer sich fragt, warum es mich ausgerechnet im Juli zum Monsun in die Stadt verschlägt, dem sei gesagt, dass dieser Monat nicht so heiß ist wie viele andere. Natürlich regnet es überdurchschnittlich viel, wodurch die Luftfeuchtigkeit enorm ist. Aber der Regen sorgt auch für weiches Licht, was das Fotografieren viel einfacher macht. Es ist schließlich kein Geheimnis: Scheint die Sonne von einem wolkenlosen Himmel sind die Kontraste zwischen Licht und Schatten enorm. Was unser Auge spielend meistern kann, ist für den Kamerasensor ein großes Problem, denn bei einer Einzelaufnahme muss ich mich entscheiden, ob ich auf die Lichter oder die Schatten belichte und in Kauf nehme, dass keinerlei Zeichnung im jeweils anderen Bereich verbleibt. Ein Problem, das uns in der Reisefotografie häufig begegnet, schließlich reist man oft “in die Sonne”.

Unsere Mission in Kalkutta: Streetphotography

Reisefotografie in Kalkutta, © Klaus WohlmannDie Menschen in Kalkutta sind sehr offen und vor allem haben sie keine Angst vor Fotografen oder davor, fotografiert zu werden. Ein großes Plus in meinen Augen! Für meinen Workshop war ich bereits einige Tage vor meinen Teilnehmern in der Stadt, um auf Erkundungstour zu gehen und ein konkretes Programm für die gemeinsamen sechs Tage zu erstellen. Unser Hauptthema war die Street-Fotografie, das Gewusel in den Straßen abzubilden und immer wieder auch die Ruhe im Trubel zu finden und einzufangen.

Oft werde ich gefragt, wie mir meine Fotos gelingen und wie es zu den Bildern kam. Wie gelingen aussagekräftige und starke Reisefotos? Natürlich ist es wichtig, die Technik zu beherrschen und ein Auge für die Bildgestaltung zu entwickeln, auf Situationen reagieren zu können. Aber ich möchte an dieser Stelle erzählen, wie es mir gelungen ist, zwei für mich ganz besondere Bildserien zu erstellen.

Der Weg zu besseren Fotos – die Entstehung der Bilder

Streetphotography in Kalkutta, © Klaus WohlmannIn einer Seitenstraße fand ich ein kleines Café, das einen schönen Blick auf die Straße hatte. Ich setzte mich hin und trank einen Tee. Dann einen zweiten und dann einen dritten. Erst dann habe ich angefangen, von meinem Sitzplatz aus zu fotografieren. Warum erst jetzt? Die Menschen um mich herum hatten sich an mich gewöhnt und waren schließlich nur noch interessiert was ich so fotografierte – und wollten das Ergebnis sehen. So konnte ich auf meine Umgebung reagieren und bin nicht als Fremdkörper wahrgenommen worden. Es entstand ein Moment des gemeinsamen Erlebens.

Streetphotography in Kalkutta, © Klaus WohlmannEin anderes Bild bzw. eine Bildserie, die mir sehr gut gefällt, ist der Straßenverkäufer am Rande der Straße – knapp hinter ihm ratterte immer wieder die Straßenbahn vorbei. Meine Idee war es, den Verkäufer im Vordergrund abzubilden und im Hintergrund die Unschärfe einer vorbeifahrenden Straßenbahn zu haben. Um das zu bekommen, habe ich erst mal gewartet und den Blickkontakt des Verkäufers gesucht – ohne zu fotografieren. Dann habe bei ihm etwas gekauft und gegessen und während des Essens mit ihm geredet. Einfach über den Geschmack seines Essens und ob er jeden Tag dort an der gleichen Stelle sein Essen verkauft. Nach dem Essen verabschiedete ich mich, tat so als wollte ich gehen. Ein paar Schritte gegangen, kehrt gemacht. Ich ging direkt noch mal auf ihn zu und fragte ihn, ob ich ein Foto von ihm machen dürfte. Er willigte ein, ich machte ein Foto. Dann sagte ihm, dass ich gerne noch auf eine Straßenbahn im Hintergrund warten würde, womit er einverstanden war. So entstand nach 10 Minuten (als die nächste Straßenbahn kam) ein Bildserie. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden und jedes Mal wenn ich die Fotos sehe, denke ich an den Geschmack des Essens, das Gespräch und dass ich bekam, was ich mir wünschte.

Reisefotografie – gute Bilder trotz wenig Zeit

Natürlich sind die oben beschriebenen Situationen der Idealfall, den man sich wünscht: eine Bildidee, Zeit und der Erfolg mit einem schönen Erlebnis und dem klasse Foto am Ende. Ist man allerdings zum Beispiel mit einem festen Zeitplan unterwegs und hat vor Ort nur wenige Momente um die Gegebenheiten einzufangen, ist ein solches Vorgehen wohl kaum möglich. Man reagiert auf Situationen, analysiert das vorherrschende Licht, entscheidet über Wichtiges und Unwichtiges, gestaltet sein Bild und hat für all dies nur wenig Zeit. Doch man kann es trainieren, man kann vorbereitet sein. Dass man trotz solcher Herausforderungen zu besseren Urlaubs- und Reisefotos kommen kann, das möchte ich den Teilnehmern meines Workshops zur Reisefotografie auch beim intermezzo der Photo+Adventure vermitteln.

Mein Equipment-Tipp

Auch meinen persönlichen Equipment-Tipp möchte ich euch nicht vorenthalten. Oft werde ich gefragt, was meine Empfehlung in Punkto Ausrüstung für die Reisefotografie sei und was man unbedingt mitnehmen müsse. Die Antwort ist ganz einfach: Reduzierung. Weniger ist mehr – je weniger du dabei hast, desto weniger behindert dich. Es wird nicht schwer auf dem Rücken, es steht nicht im Weg, es kann nicht gestohlen werden, es kostet keine Zeit, ständig das Objektiv zu wechseln und zu entscheiden, was du einsetzen möchtest. Statt dessen fokussierst du dich auf das, was mit dem Equipment möglich ist, das du dabei hast, und suchst gezielt nach den perfekten Perspektiven. Das schult zugleich das Sehen.

In Kalkutta sind trotzdem sehr verschiedene Aufnahmen entstanden, und ja, auch mit verschiedenen Objektiven und Brennweiten. Als besonders geeignet erwies sich das neue 35mm Objektiv von Tamron; neben seiner guten Lichtstärke hat es eine sehr geringe Naheinstellgrenze was tolle Perspektiven ermöglicht – man kann bis zu 20cm an das Fotoobjekt heran.

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, jeden Tag ein anderes Objektiv zu verwenden – das ersparte mir auch gleich die Objektivwechselei im Regen. 😉

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Klaus Wohlmann, © Andre Meinert
Klaus Wohlmann, © Andre Meinert

Klaus Wohlmann

geb. 1963 in Köln, lebt und arbeitet in Odenthal. Seit 1993 ist er freischaffender Maler und Fotograf. Seine große Leidenschaft ist das Reisen in ferne Länder. Diese Anregungen inspirieren ihn zusätzlich in seinem künstlerischen Schaffen.

Der Leitgedanke seiner Workshops ist neben der Vermittlung der technischen Grundlagen die Schulung des gestaltenden Auges, das Lernen schöpferischen Sehens und das Erkennen und Fotografieren des perfekten Augenblicks.

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